Blickschulung - Die Basics: Das Pferd im Trab
21.10.2020
Dieser Beitrag ist Teil 4 von 4 der Artikel-Serie "Blickschulung - Gesunde Bewegung"
Artikelserie "Blickschulung - Gesunde Bewegung"
Hm, sieht das jetzt gesund aus? Und viel wichtiger: Ist es das auch?
Eine wirklich wichtige Frage, die sich jeder Pferdemensch regelmäßig stellen sollte, um sein Pferd gesunderhaltend zu arbeiten. Denn, wie wir alle wissen: Auf der Vorhand rumschlurfen ist ungesund für die Gelenke und die Muskulatur.
Aber, wie genau erkennt man denn, ob ein Pferd auf der Vorhand ist? Ob es sich real versammelt? Ob der Rücken mitarbeitet und der Kopf vor der Senkrechten ist?
In dieser fortlaufenden Blogserie (1x wöchentlich, nämlich immer dienstags) werde ich euch die Möglichkeit geben, euren Blick für gesunde Bewegung zu schärfen und "falsche Freunde" schneller und sicherer zu entlarven.
Weil gesunde Bewegung glücklich macht! :)
Inhaltsverzeichnis
- Blickschulung - Die Basics: Das Pferd im Stand
- Blickschulung - Die Basics: Kopf, Hals und Proportionen
- Analyse - Pferd im Trab
- Blickschulung - Die Basics: Das Pferd im Trab
Der Trab ist eine Gangart, in der sich wundervoll viel analysieren und zeigen lässt. Deshalb habe ich heute drei Bilder mitgebracht, an denen ich euch ein wenig Biomechanik erkläre. Am Ende des Beitrags findet ihr außerdem die Auflösung der Analyse der letzten Woche.
Uiuiui, so viele bunte Linien! Wieder ganz in Ruhe der Reihe nach...
Rote und blaue Linie
Unsere beiden altbekannten "Freunde": Die Senkrechte und der falsche Knick. Das Pferd ist recht gut auf der Senkrechten, dafür zeigt es aber dennoch den falschen Knick.
Die grauen Kreise
Auch die habe ich bereits in den früheren Beiträgen erwähnt, es handelt sich hier um die Symmetrie von Vor- und Hinterhand und deren Bemuskelung. Je weiter der Brustkorb nämlich absackt - was durch Vorhandlastigkeit passiert - desto größer erscheint der vordere Kreis. Die Hinterhand sollte im Idealfall etwa so groß wie die Vorhand erscheinen.
Die orangen Linien
Die orangen Linien sind die "Achsen" der schwebenden Beine, Der Trab ist ein Zweitakt, deshalb bewegen sich die diagonalen Beine immer gleichzeitig und normalerweise auch "parallel" - die beiden Linien sollten also (fast) parallel sein, nur dann sind Vorhand und Hinterhand (etwa) gleich aktiv. Hier ist deutlich zu sehen, dass das Pferd eher auf der Vorhand läuft, da das tragende (stehende) Hinterbein weit hinter dem Körper ist und auch das schwebende Hinterbein nur schwer unter den Schwerpunkt treten kann. Dahingegen ist das tragende Vorderbein beireits unter dem Schwerpunkt (direkt unter dem Reiter) und nimmt hier eine Menge Last auf. Man erkennt das auch ein wenig an den Fesseln - diese sind vorne tiefer durchgedrückt als hinten, somit liegt vorne mehr Last. Durch die hier sichtbare Asymmetrie der beiden Beine lässt sich also eine deutliche Vorhandlastigkeit erkennen (grüner Pfeil).
Hier nochmal eine extremere Variante - das Vorderbein tritt sogar noch hinter den Schwerpunkt und trägt auf diesem Bild sogar die volle Last, wie man sehen kann - alle anderen Beine sind bereits bzw noch in der Luft, nur das linke Vorderbein ist noch am Boden. Trotzdem scheint es, als hätte dieses Pferd eine Aufwärtstendenz, wenn man sich die Rückelinie ansieht, man könnte also meinen, dass die Hinterhand Last aufnimmt. Hier kommt die ansteigende Rückenlinie aber vermutlich eher vom Schub der Hinterhand und dem hoch erhobenen Kopf...
Unser nächster "Kandidat" wirkt auf den ersten Blick vielleicht besser als Nummer 1 - aber ist das wirklich so?
Rote und blaue Linie
Deutlich zu erkennen sind hier der falsche Knick und auch ist dieses Pferd deutlich hinter der Senkrechten...
Graue Kreise
Diese erscheinen auf den ersten Blick recht ähnlich, stellt man sich das Pferd allerdings im Stand vor, scheint hier doch eine Asymmetrie vorzuliegen.
Orange Linien
Hier sind die Beine besser parallel, das Pferd scheint somit zumindest taktrein zu laufen. Die Hinterhand wird gut unter den Schwerpunkt fußen und die Vorhand erscheint sehr frei, da das Pferd eine recht gute Schulteraktivität hat, d.h. es hebt das Vorderbein an. Dennoch ist das tragende Vorderbein direkt unter dem Schwerpunkt, wärend das tragende Hinterbein eher im Schub ist und fast keine Last aufnimmt. Also auch hier lässt sich eine gewisse Vorhandlastigkeit erkennen.
Auflösung zur letzten Woche
In der letzten Woche habe ich euch das obere Bild gegeben (bzw. die Version ohne die vielen Linien) und euch gebeten, selbst eine Analyse durchzuführen. Ihr habt auch fleißig kommentiert und euch dazu geäußert, vor allem auf Instagram war sehr viel los! Nun möchte ich ganz kurz auf das Bild eingehen.
Hier zu sehen ist ein Pferd an der Doppellonge und bereits die Verschnallung der Longe ist sehr scharf - so wird der Zug der Longe durch die Hebelwirkung am Longiergurt verstärkt. Das Pferd läuft hinter der Senkrechten und hat einen falschen Knick, das habt ihr alle richtig erkannt. Auffällig ist außerdem die unproportional kleine Hinterhand im Gegensatz zu der Vorhand... Die Beine sind zwar parallel, weisen aber, wie an den roten Dreiecken zu sehen, einen entscheidenden Unterschied auf: Die Vorhand fußt sehr weit unter bzw. sogar hinter den Schwerpunkt, die Hinterhand "schlurft" nur hinterher und nicht mal ansatzweise unter den Schwerpunkt, der etwa auf hinter dem Longiergurt liegt. Der Brustkorb ist abgesackt, was einerseits durch die "große" Vorhand und auch durch die abfallende Rückenlinie sichtbar wird. Dadurch bekommt das ganze Pferd eine deutliche Abwärtstendenz. Wer genau hinsieht, kann auch erkennen, dass der rechte Vorderhuf den Boden früher berühren wird als der linke Hinterhuf - ein weiteres klares Indiz für Vorhandlastigkeit. Insgesamt wirkt das Pferd sehr unzufrieden und energielos.
Kategorien: Pferdegerecht | Schlagworte: Blickschulung, Longieren